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Worum geht es eigentlich bei der Fortbildungspflicht?
04.04.2025 - Fortbildung, Information & Internet, externe Gremien, interne Gremien

Die DPhG hat ein Statement zur Fortbildungspflicht veröffentlicht. Da den Apothekerkammern hierbei eine besondere Verantwortung zugesprochen wird, möchten wir an dieser Stelle auf diese Stellungnahme eingehen.

Mit Zwang zu mehr Interesse?

Eine zentrale Aussage des Papiers ist, Apothekerinnen und Apotheker bilden sich nicht genug fort, obwohl ein qualitätsgesichertes Angebot an Fortbildungsveranstaltungen, unter anderem von den Apothekerkammern, der Bundesapothekerkammer und der DPhG besteht. Die DPhG beschreibt das Problem sogar als „unbefriedigendes Interesse“, um dann zu einer überraschenden Definition des „Kernproblems“ zu kommen - die nicht „vorhandene Bereitschaft der Kammern, die Fortbildungsverpflichtung ihrer Mitglieder mit geeigneten Maßnahmen durchzusetzen“.

Aus Sicht der LAKT ist Pflicht – oder eben Zwang – kein geeignetes Instrument, um Interesse an der Fortbildung zu steigern. In jedem Fall entstehen so keine Überzeugung, keine Begeisterung oder auch nur das Gefühl der Verantwortlichkeit mit den wissenschaftlichen Veränderungen und Innovationen in unserem Berufsfeld Schritt zu halten. Aber es sind gerade diese Eigenschaften, die es zu stärken gilt.

Ein abgesenkter Standard ist nicht die Lösung

Wozu sollen die Kammern ihre Mitglieder verpflichten? Die DPhG wird dabei nicht konkret, verweist jedoch auf die Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern als einzige Ausnahme. Auf Nachfrage in Schwerin wurde uns mitgeteilt, dass dort 16 Fortbildungspunkte (FBP) kalenderjährlich nachzuweisen sind - 16 FBP entsprechen zwei Tagesveranstaltungen oder acht Abendveranstaltungen à 90 Minuten.

Wir gehen nicht davon aus, dass vier Fortbildungsnachmittage im Jahr ein „zufriedenstellendes Interesse“ der Apothekerinnen und Apotheker an Fortbildungen im Sinne der DPhG widerspiegeln. Die Absenkung des Standards ist sicher kein geeignetes Mittel, um das Interesse an der Fortbildung zu verbessern. Im Gegenteil, eine Fortbildungsnachweispflicht, die durch dieses geringe Maß an Fortbildungen erfüllt werden kann, erzeugt wohl eher den Eindruck, jedes „Mehr“ sei nur „Kür“. Es entsteht das - aus unserer Sicht falsche - Gefühl, das Fortbildungszertifikat sei nur etwas für eine „Elite“, die berufsständische Fortbildungspflicht erfülle man bereits, wenn man einmal im Monat eine Abendveranstaltung besucht oder einschaltet. Im Vergleich zur „Fortbildungspflicht der Ärztinnen und Ärzte“ (250 FBP in fünf Jahren) würde der Beruf der Apothekerin, des Apothekers durch eine solch milde Verpflichtung Schaden nehmen und das Überlegenheitsgefühl des ärztlichen Berufsstandes bestätigen.

Das derzeitige Instrument für den Nachweis der Fortbildung ist auch in Thüringen das besagte freiwillige Fortbildungszertifikat der Landesapothekerkammer. Danach müssen Approbierte innerhalb von drei Jahren den Erwerb von mindestens 150 FBP nachweisen, um ein Zertifikat zu erhalten, das dann eine Gültigkeit von drei Jahren hat. Damit soll zur kontinuierlichen Fortbildung animiert werden. Das freiwillige Fortbildungszertifikat versteht sich dabei explizit nicht als herausgehobene Fortbildungsleistung, vielmehr definiert das Zertifikat den eigentlichen Standard, mit anderen Worten den Normalfall.

Masse statt Klasse?

Gehen wir von den Vorgaben für das freiwillige Fortbildungszertifikat, also von 50 FBP in einem Jahr, aus, können derzeit zehn FBP ohne Nachweis als „Selbststudium“ pauschal angerechnet werden. Es bleiben 40 FBP, die durch den Nachweis besuchter Fortbildungen erbracht werden müssen. 40 FBP kann man über 20 Abendveranstaltungen, zehn Halbtagesveranstaltungen, fünf Tagesveranstaltungen oder einer guten Mischung daraus erwerben. Unterteilt man in Seminare und Vorträge wird das eigentliche Dilemma deutlich. Seminare mit max. 25 teilnehmenden Personen können eine aktive Beteiligung der Teilnehmerinnen ermöglichen. Man könnte sie vereinfacht als bessere Art der Wissensvermittlung bezeichnen, da hier Wissen nicht nur konsumiert, sondern angewendet wird. Wir haben in Thüringen ca. 1.500 berufstätige Mitglieder. Wollten wir dies für sie umsetzen, müssten wir 600 Halbtagesveranstaltungen oder 300 Tagesveranstaltungen pro Jahr anbieten.

Es ist klar, dass der Großteil dieser Punkte zwangsläufig über Großveranstaltungen nachgewiesen werden müsste, was online sicher keine unüberwindbar große Herausforderung ist, aber wieder die Frage nach dem Sinn aufwirft. Seminaristische Veranstaltungen würden vermutlich seltener, da die Kammern und alle anderen alle Hände voll zu tun hätten, diese großen Veranstaltungen zu organisieren und einigermaßen attraktiv zu gestalten.

Ist der Nachweis von FBP ein wirklich sinnvoller Weg?

Der zwingende Nachweis von - wie auch immer - erworbenen Fortbildungspunkten ist vor allem eins: Bürokratie. Diese kann besonders gut organisiert sein, aber es bleibt das Erfassen eines Surrogat-Parameters: Fortbildungspunkte. Die neu gefasste Empfehlung der Bundesapothekerkammer hat dieses „Verfahren“ perfektioniert, die Definition von Fortbildung ist klarer, die Vorgaben für die Akkreditierung sind eindeutig, die formalen Anforderungen streng. Vermutlich ist es keine allzu gewagte These, dass das Interesse an Fortbildungen dadurch dennoch nicht größer werden wird. Vielmehr würde es durch diese Vorgaben schwieriger werden, das Fortbildungszertifikat zu erlangen, besonders für aktive Kolleginnen, die als Referentinnen viele Fortbildungen überhaupt erst möglich machen. Nicht zuletzt dadurch wird die Fortbildung weiter zu einem „Konsumgut“, das man mitnimmt, entweder, weil man sich dafür interessiert oder, wenn wir die Nachweispflicht auf Grundlage des Fortbildungszertifikats durchsetzen wollen, weil man es muss.

Was wäre also zu tun?

Erlauben Sie uns an dieser Stelle ein paar Fragen. Es mag provokativ klingen, aber ist Fortbildung wirklich die richtige Größe, auf die es ankommt, um die Qualität zu sichern? Oder ist Fortbildung nicht vielmehr ein Mittel zum Zweck und der Zweck ist die bestmögliche Versorgung von Patientinnen mit Arzneimitteln. Es gibt richtig gute Apothekerinnen und Apotheker, die keine Punkte sammeln und dennoch einen hervorragenden Job machen und es gibt auch das Gegenteil. Gibt es vielleicht andere, bessere Maßstäbe, an denen die Qualität der pharmazeutischen Versorgung gemessen werden kann? Wenn es so ist, welche sind das und wie werden sie messbar? Gelten sie für alle unsere Mitglieder oder müssen wir spezifische finden, je nachdem wo sie ihren Job ausüben? Dividieren wir damit gegebenenfalls unseren Berufsstand auseinander, wenn wir unterschiedliche Maßstäbe anlegen, obwohl doch alle die gleichwertige Approbation haben? Fortbildungspunkte haben hier eben tatsächlich einen großen Vorteil – weil sie nur eine „Hülle“ sind, die so mit Leben gefüllt werden, wie gewünscht. Sprechen wir bei alldem über Pflicht oder bleiben wir bei der Freiwilligkeit?

Qualität statt Quantität!

Natürlich gibt es ganz verschiedene Antworten auf alle diese Fragen, sie müssen diskutiert werden. Um ein paar in den Ring zu werfen: Sie könnten heißen: Die Beratung einer Patientin, eines Patienten ist ein solcher Maßstab, der in einem Pseudo-Customer-Besuch gemessen werden kann. Die Herstellung eines Arzneimittels ist ein solcher Maßstab, der über einen Ringversuch gemessen werden kann. Eine Medikationsanalyse ist ein solcher Maßstab, der mit einem Ringversuch gemessen werden kann. Für alle diese Vorschläge gibt es bereits Modelle, gemessen würde die „Qualität“ und nicht eine Quantität. Und doch bleiben weitere Fragen, auf die Antworten zu finden sind. Wäre ein solches auf „Ringversuchen“ basierendes Modell eine Alternative zum bisherigen freiwilligen Fortbildungszertifikat, würde es dieses ablösen oder wäre es etwas ganz anderes?

Die Diskussion ist eröffnet!

Mit ihrer Stellungnahme hat uns die DPhG „gezwungen“, das bestehende System zu hinterfragen. Dafür sind wir sehr dankbar, denn die Novellierungen der Bundesapothekerkammer fordern die Diskussion um die Fortbildungsrichtlinie heraus. Diese kann nun geführt werden.